Um nun bald auch mal wirklich auf der Höhe der Zeit zu sein, habe ich hier nun auch einige Tage zusammen gefasst, das passt schon allein deswegen gut, da diese Tage irgendwie bei mir alle unter dem gleichen Motto standen: ” Ich will laufen und meinen Gedanken freien Lauf lassen – nicht reden nicht ruhen – einfach laufen”.
Nein – das muss man nicht verstehen, doch ich denke, es gibt Pilger und wohl auch Fernwanderer, die diesen Gedanken – diesen Wunsch, selbst schon hatten oder ihn verstehen können.
Werne über Lünen nach Dortmund
Es ist schon … hm … ich sage mal, kontrastreich wenn man sich auf dem Weg von Werne nach Lünen macht.
Werne ist, aus meiner schmalen Sicht gesehen, von der Mentalität der Menschen eher münsterländisch geprägt und sobald man nach Lünen kommt, ist man gefühlt mitten drin, mitten im Ruhrpott.
Beide Mentalitäten sind mir willkommen und ich mag sie. Doch muss man auch sagen, dass diese halt sehr unterschiedlich sind.
Die Mentalität im Münsterland würde ich, aus der Sicht von jemandem, der den Landstrich durchwandert mit zurückhaltend, oft skeptischen gegenüber dem Fremden, höflich in der Art und korrekt in der Artikulation, beschreiben.
Wohingegen einen in Lünen bzw. im Ruhrgebiet eine Mentalität erwartet die ich mit diesen Schlagworten umschreiben würde : Offen, neugierig, direkt in der Ansprache, mit dem rauen Charme und dem typischen Dialekt der einem deutlich macht, dass man hier auch das Herz auf der Zunge trägt.
Mir kam es vor, als gäbe es eine unsichtbare Grenze und ich gebe auch gerne zu, ich habe ein paar Minuten gebraucht.
Doch sicherheitshalber noch mal: Es ist keine Wertung – es ist einfach nur krass wie unterschiedlich 2 Orte bzw. deren Bewohner auf Besucher wirken, die gerade mal ca. 10 km von einander entfernt sind.
Testet es doch mal aus, beide Städte haben fantastische Eisdielen, besucht sie mal beide unmittelbar nacheinander.
Nach dem ich mich kurz akklimatisiert habe, habe ich dann angefangen das Ruhrgebiet mit völlig neuen Augen zu sehen. Ich war oft beruflich und privat im Pott unterwegs und ich kannte auch sicher den ein oder anderen grünen Flecken, doch so schön und so grün kannte ich es noch nicht.
In Dortmund selber dann habe ich dann nach einigen Wirren im A&O Hotel am Bahnhof einquartiert, da es so gut wie keine Alternativen gab und mir selbst die Jugendherberge dann zu teuer war. (das Hotel hat nur 16 € gekostet und ist damit derzeit die günstigste gewerbliche Unterkunft, die ich bisher hatte, sicher aber nicht die schlechteste)
Dortmund – Syburg – Herdeke bis nach Gevelsberg
Von Dortmund aus hatte ich geplant bis nach Herdecke zu laufen.
Aufgrund der Erfahrung der letzten Tage und der zeitweise etwas suboptimalen Herbergs-Verfügbarkeit habe ich zunächst einmal versucht telefonisch etwas zu reservieren.
Es ist sehr schade und vielleicht ist es auch subjektiv – doch je mehr es dem Ende des westfälischen Pilgerwegs entgegen geht, um so weniger Unterbringungen für Pilger gibt es. Ich hoffe das ändert sich bald wieder, es wäre schon schön, wenn die Suche nach einer Unterkunft morgens nicht so viel Zeit benötigt.
Wie dem auch sei, nachdem ich nicht bereit war 40 € und mehr für eine Übernachtung zu zahlen, war nun mein nächstes Ziel Gevelsberg – aus Sicht eines Pilgers ist die Entfernung allein schon viel zu groß, dazu kommt noch das es ja nun ins “Bergische” geht. Das bedeutet, zumindest bei mir, dass meine Durchschnittsgeschwindigkeit mind. um 1 km/h sinkt. Ich habe mich also entschlossen mit dem Bus aus Dortmund heraus zu Fahren um dann abseits des Jakobsweg zur Spielbank Hohensyburg zu laufen, um dann ab dort zumindest wieder teilweise den ausgeschilderten Weg zu nutzen.
Als ich in Syburg an die Kirche (die leider geschlossen war) kam, fand ich auch den Wegweiser für den Jakobsweg und folgte Ihm. Stutzig wurde ich dann gleich 50 Meter weiter, der nächste Wegweiser zeigte mir den Weg auf dem Parkplatz des Casinos; das fand ich merkwürdig und da er irgendwie auch nicht so eindeutig angebracht war, habe ich jemanden gesucht, der mir weiter helfen sollte.
So traf ich auf Karl. Ein kurzer netter Plausch mit Ihm, dann ein kurzes Gespräch mit dem Pförtner (der es leider auch nicht wusste, es aber für total abwegig hielt, dass der Weg über den Parkplatz geht) und dann noch mal ein kurzes Gespräch mit Karl (Karl ist mit der Pflege der Grünanlagen beschäftigt und hatte zwischenzeitlich seinen Standort verändert) – dabei entdeckte ich einen weiteren Wegweiser, hinter dem Casino Parkplatz.
Also – solltet ihr hier mal vorbei kommen, der Jakobsweg geht ÜBER den unteren Parkplatz und dann hinten um das Gebäude herum. Oder ihr fragt Karl, der kennt nun den Weg und ist ein sehr angenehmer hilfsbereiter Gesprächspartner.
Ab hier ist der Weg einfach nur noch schön, vorbei an der alten Ruine, durch den Park geht es über kleine Pfade runter an die Ruhr und diese dann auf einige km entlang. Eine echte Wohltat nach den Bergen… doch irgendwann verliert man an so einem Tag auch den Blick für das Schöne und möchte einfach nur ankommen .. und man hat das Gefühl die Zeit rast, aber die km wollen nicht so recht vergehen….
…. kurz gesagt ich bin nach gut 11 Stunden und völlig erledigt in Gevelsberg angekommen…
Ca. 2 Km vor dem Ziel hat mich Frau Fröhlich von der Kirchengemeinde St. Engelbert an der Straße eingesammelt und zur Pilgerherberbege gefahren. Ihr könnt Euch nicht vorstellen wie dankbar ich war. Eine schöne Herberge, besser gesagt ein kleines, gemütliches Apartment mit Terrasse und netten Nachbarn, direkt hinter der Bücherei. Etwas später kam dann auch noch Herr Fröhlich der das Pilgerbuch, den Pilgerstempel, eine Flasche Selters und wertvolle Tipps für mich, für den nächsten Tag dabei hatte.
(Bild Gevelsberg) Dafür nochmal ein wirklich herzliches DANKE SCHÖN!
So tief und erholsam wie hier, habe ich wohl noch nie vorher geschlafen.
Erstaunlich übrigens, dass ich nach all den Kilometern der letzten Tage, Morgens zunächst wirklich frisch, munter und motiviert aufgestanden und los gegangen bin…
Die nächste Pilgerunterkunft, war ein Tipp von Familie Fröhlich und ist nicht (seltsamer Weise) in meinem Pilgerführer verzeichnet.
Es geht nach Beyenburg – zum Kloster Steinhaus der Kreuzherren. Ein kurzer Trip – ein Katzensprung von gerade mal 18 km.
Doch davon erzähle ich euch im nächsten Artikel.